Mücken: quälende Plagegeister oder notwendiger Bestandteil des Ökosystems?

Während Löwen, Tiger, Bären, Haie, Krokodile und Giftschlangen darum streiten, wer von ihnen in der Rangliste der gefährlichsten Bestien ganz oben stehen darf, geht ein kleiner, unscheinbarer, aber blutrünstiger Killer seelenruhig seinem tödlichen Business nach. Die Rede ist von der Mücke, die mit den durch sie übertragenen Krankheiten jedes Jahr geschätzt 750.000 Todesopfer fordert.

Mücken: die tödlichsten Tiere der Welt

Zurecht denkt fast jeder zuerst einmal an die Malaria, die noch bis ins 19. Jahrhundert in ganz Europa, so auch in Deutschland, verbreitet war. Durch den ständig zunehmenden globalen Reiseverkehr gilt die Malaria heute in Deutschland als die bedeutendste Importkrankheit. Das Zika-Virus (ZIKV), das lediglich endemisch in Südasien und Afrika vorkam, wurde ab 2015 gehäuft in Lateinamerika beobachtet. Es richtet enorme Schäden bei Föten an und ist daher insbesondere für Schwangere hochgefährlich. Globalisierung und Massentourismus im Verbund mit dem Klimawandel führen zur fortgesetzten Verbreitung gefährlicher Krankheitserreger durch eingeschleppte, exotische Mückenarten wie die Busch- oder Tigermücke.

Aber auch unter den einheimischen Mücken gibt es für den Menschen gefährliche Arten: dazu gehören die Kriebel-, Bart- und Sandmücken. Aufgrund der Art und Weise, wie diese Mücken stechen, kommt es oft zu ausgeprägten allergischen Reaktionen oder sogar Blutvergiftungen. Da nimmt es nicht Wunder, dass das Interesse an der "leise säuselnden Bedrohung aus der Luft" stetig zugenommen hat und beispielsweise in Projekte wie den deutschen "Mückenatlas" mündete.

Kleiner Mücken-Steckbrief

Mücken (Nematocera) und Fliegen (Brachycera) sind Unterordnungen der Ordnung der Zweiflügler (Diptera). Es sind recht zart gebaute Wesen, sehr schlanke Insekten, die vielgliedrige, fadenförmige Fühler beziehungsweise Antennen und dünne, lange Beine besitzen. Ihr Mundwerkzeug ist meistens eine Art Rüssel, mit dem sie zugleich stechen und Blut saugen können. Ihre Unterordnung umfasst ungefähr 45 Familien.

Es wäre ungerecht, alle Mückenarten über einen Kamm zu scheren, denn nicht alle sind blutgierige Vampire, die den Menschen gefährlich werden. Als blutsaugende Krankheitsüberträger von Bedeutung sind die Mückentaxa:

  • Stechmücken
  • Gnitzen
  • Kriebelmücken
  • Sandmücken

Allein von den Stechmücken gibt es weltweit in etwa 3.500 Arten, in Deutschland wurden davon circa 50 nachgewiesen.

Vorkommen und Lebensräume der Mücken

Es ist ein Erfolgsmodell der Evolution, denn sie kommen fast überall auf der Welt vor, wenn nur irgendeine Wasserstelle, egal wie groß sie ist, zur Verfügung steht. Nicht von Mücken besiedelt sind Trockenwüsten, die Eisflächen der Polargebiete und Island. Bevorzugte Lebensräume und Brutstätten sind sumpfige Gebiete in der Taiga oder Tundra. In den DACH-Staaten Deutschland, Österreich, Schweiz sind vor allem die Gemeine Stechmücke sowie die größere Ringelmücke beheimatet. Letztere ist völlig ungefährlich, wird dennoch häufig mit der Krankheiten übertragenden Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) verwechselt.

Ernährungsweise

Mücken sind nun mal Leckermäulchen, denn sie lieben zuckerhaltige Pflanzensäfte, um ihren relativ hohen Energiebedarf für das ständige Fliegen zu decken. Die dabei weitaus wichtigste Quelle für Kohlenhydrate ist Nektar. Die Weibchen können aber dem Ruf des Blutes nicht widerstehen. Sie brauchen eine solche Sonderration Proteine dringend nach ihrer Befruchtung, um daraus ihre Eier zu "basteln". Die Stechborsten der Männchen sind dagegen verkürzt und dienen lediglich dem Aufsaugen freiliegender Flüssigkeit. Diese Rollenverteilung ist auch typisch für Gnitzen, Kriebel- und Sandmücken.

Wovon fühlen sich Mücken angezogen?

Nein, es ist nicht das Licht, das die Mücken am Abend in unsere Wohnungen zieht. Nachtaktive Mücken meiden sogar Licht. Den Tieren geht es vor allem um unser ausgeatmetes Kohlendioxid (CO2) im Verein mit unserem Körpergeruch, der unter anderem von Milch- und Harnsäure sowie Ammoniak verursacht wird. Zum Beispiel ist bei der Gelbfiebermücke (Stegomyia aegypti) der zentrale Reiz der Wirtsfindung die Milchsäure auf unserer Haut. Erst im Nahbereich wirkt sich sehr wahrscheinlich auch unsere Körperwärme anziehend auf die Tiere aus.

Werden bestimmte Menschen bevorzugt gestochen?

Die Frage, ob einzelne Menschen ein wahrer Mückenmagnet sind, geistert bei jedem abendlichen Sommergrillfest immer wieder über den Platz. Hier nun die Antwort:

Je mehr CO2 die Atemluft enthält, desto mehr Chancen bestehen, mit Mücken Freundschaft zu schließen. Schwangere Frauen haben da den Vorzug, gleich für zwei Menschen ausatmen zu dürfen. Hinzu kommt, dass die Frucht im Leibe zu einer insgesamt erhöhten Wärmeproduktion führt.

Menschen mit der Blutgruppe 0 werden in etwa doppelt so häufig gestochen wie jene mit Blutgruppe A. Die Blutgruppe B liegt in der Beliebtheitsskala bei den Mücken ungefähr mittig zwischen 0 und A. Darüber hinaus lieben Mücken eine besonders große Artenvielfalt bei den Bakterien auf der Haut eines Menschen. Last, not least mögen Mücken Bier oder zumindest die Menschen, die es trinken.

Über die Aktivität der Mücken

Wenn man nach der Meinung der Mücken fragen würde, dürfte der Tag gern mehr als 24 Stunden haben. Dennoch sind sie am Abend noch agiler als am Tage. Offiziell werden die Blutsauger in tagaktive und nachtaktive Mücken eingeteilt. Tagaktiv sind beispielsweise Überschwemmungsmücken in Feuchtgebieten, Auen und an Seen. Die sogenannte Hausmücke bejagt uns in der Dämmerung und des Nachts im Bett. Besonders stechlustig sind abends und nachts die Weibchen der Gnitzen, wobei sie aber zumindest geschlossene Räume meiden.

Sterben Mücken bei Kälte ab oder halten sie nur Winterschlaf?

Eine weibliche Stechmücke hat eine Lebenserwartung von bis zu sechs Wochen. Die Männchen halten nicht so lange durch und können den Winter grundsätzlich nicht überstehen. Auch im Winter gibt es (weibliche) Mücken, allerdings fallen sie uns kaum auf, da sie bei Temperaturen in der Nähe des Gefrierpunkts nicht mehr fliegen können. Die begatteten Weibchen suchen feuchte, kühle und ruhige Orte zum Überwintern auf, wo sie in eine Kältestarre verfallen. Diese Phase der Erstarrtheit zählt nicht zu den oben genannten sechs Wochen ihrer Lebenszeit. Erst wenn sie im Frühjahr erwachen, beginnt mit ihrer Eiablage ein erneuter Lebenszyklus der Mücken.

Die globalen Warenströme und der Tourismus sowie der Klimawandel haben zur Einschleppung und Ansiedlung von Mückenarten geführt, die bislang bei uns nicht heimisch waren. So fanden Wissenschaftler des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) und des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im Juli 2015 in Freiburg Eier, Larven und Puppen sowie auch schon ausgewachsene Tiere der Asiatischen Tigermücke, die dort offenbar bereits überwintert hatte.

Der Lebenszyklus einer Mücke

In der Regel erst in der Dämmerung formieren sich unbemerkt stationäre Schwärme von Tausenden meistens männlichen Stechmücken, die zur Paarung fest entschlossen sind, um noch viel mehr Stechmücken neu entstehen zu lassen. Jeder Teilnehmer fliegt dabei Schleifen und/oder Zickzackbewegungen. Dann nähern sich einzelne neugierige Weibchen dem verlockenden Spektakel und werden in dieser großen Wolke von Männchen ohne Umschweife sofort begattet, vielleicht weil sie so herzallerliebst summen. Wahrgenommen wird der betörende weibliche Singsang durch ein besonderes Hörorgan an den "bärtigen" Antennen der Männchen, dem Johnstonschen Organ.

Die einzelnen Entwicklungsstadien einer Mücke

Die Entwicklungsstadien einer Mücke
  1. Das Ei: Aedes- oder Anophelesmücken legen ihre Eier einzeln ab. Andere Arten bevorzugen eine Ablage in Paketen oder sogenannten Schiffchen wie die Culex-Mücke. Stets erfolgt die Eiablage in der Nähe von Wasser oder auf der Wasseroberfläche, wobei stehende Gewässer bevorzugt werden. Selbst kleinste Wassermengen zum Beispiel in Bromelien, Baumhöhlen oder Felsmulden werden zu diesem edlen Zweck, Leben zu spenden, genutzt. Von der Asiatische Tigermücke oder der Gelbfiebermücke ist bekannt, dass deren Eier ein längeres Austrocknen des Reservoirs überstehen können.
  2. Die Larve: Obwohl Wasserbewohner, atmen die Larven Luft. Einige Vertreter der Unterfamilie Culicinae besitzen dazu am Hinterleib extra ein längeres Atemrohr. Die Sandmücke legt ihre Eier an feuchten Stellen, beispielsweise auf Müllplätzen oder in Erdlöchern, ab.
  3. Die Puppe: Die Puppe schlüpft erst im Zuge der vierten Häutung und stellt ein Ruhestadium dar, in dem keine Nahrung aufgenommen wird. Noch immer an der Wasseroberfläche befindlich atmet dieses Tierchen durch zwei Atemhörnchen, die vom Prothorax ausgehen.
  4. Die Imago: Das erwachsene Insekt braucht nur wenige Minuten, um durch einen dorsalen Riss in der Puppenhaut zu schlüpfen. Bis zur vollständigen Flugfähigkeit vergeht in der Regel noch etwa eine Stunde. Die Männchen schlüpfen meistens früher als die Weibchen.

Ein Mückenstich genauer betrachtet

Das Mundwerkzeug des Stechrüssels besteht aus einem Stechborstenbündel, das die Haut des Wirts durchdringt. Es gibt zwei Kanäle, einen zum Injizieren von Speichel und den anderen zum Aufsaugen von Blut. Den Einstich bemerkt man nur dann, wenn (zufällig) ein Schmerznerv dabei getroffen wird. Fast immer tritt danach eine eng begrenzte, leicht allergische Reaktion ein. Verursacht wird diese durch Proteine, die von der Mücke in die Saugstelle eingespritzt werden, damit die Blutgerinnung weitestgehend zum Erliegen kommt. Unser Körper schüttet an dieser Stelle Histamin aus und dadurch entsteht die typische, juckende Quaddel.

Stech- beziehungsweise Poolsauger wie die Kriebelmücken können die Haut nur oberflächlich mit einer sehr kleinen Wunde verletzen, in der sich dann das Blut sammelt, um aufgesaugt zu werden. Bei Sandmücken ist es ganz ähnlich, sie ritzen die Haut lediglich an, um das austretende Blut zu trinken.

Mücken als Krankheitsüberträger

Wer nicht gerade hochgradig allergisch auf die Mückenproteine reagierte, bekam bislang durch Stechmücken in Deutschland kaum ein ernst zu nehmendes gesundheitliches Problem. Allerdings gibt es in anderen Regionen zahlreiche Stechmückenarten, die immer wieder gefährliche Krankheiten übertragen können. Welche Keime oder Parasiten sich dahinter verbergen, zeigt diese Liste:

  • Plasmodien (Malaria)
  • Parasitäre Würmer (Filariose)
  • Verschiedene Viren, die Gelbfieber, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber, West-Nil-Fieber oder Rift-Valley-Fieber verursachen
  • Bakterien (Tularämie)

Die Sandmücken (Phlebotominae) stammen aus Südeuropa und sind inzwischen (leider) auch bei uns heimisch geworden. Abgesehen von starken allergischen Reaktionen können sie die folgenden Krankheiten auslösen:

  • Leishmania
  • Peruwarzen und Oroya Fieber
  • Sandmücken- be­zie­hungs­wei­se Phlebotomusfieber

Auf diese Anzeichen sollte daher bei Mückenstichen unbedingt immer geachtet werden:

  • Ungewöhnlich starkes Anschwellen
  • Besondere, ungewohnte Hautverfärbungen
  • Stärkere Entzündung
  • Ein feiner Strich, der sich in Richtung des Herzens ausweitet (Blutvergiftung)

Tritt eines dieser Anzeichen durch einen Mückenstich verursacht auf, sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden.

Stechmücken kennen keine Ländergrenzen

Es ist nur eine von vielen Folgen der Klimaerwärmung, dass inzwischen auch in Mitteleuropa Mückenarten vorkommen, die es zuvor nur in tropischen und subtropischen Regionen der Erde gab. Der enorme internationale Flugverkehr trägt ebenfalls zum Einschleppen der exotischen Varianten bei. Welche das sind, darüber gibt die folgende Tabelle Auskunft:

  • Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus/Stegomyia albopictus) überträgt Chikungunya- und Dengue-Fieber
  • Ägyptische Tigermücke beziehungsweise Gelbfiebermücke (Stegomyia aegypti) infiziert Menschen mit Gelbfieber-, Zika- oder Dengue-Virus
  • Japanische Buschmücke (Hulecoeteomyia japonica) überträgt das West-Nil-Virus und löst die Japanische Enzephalitis aus

Das Projekt "Mückenatlas - Deutschland"

Wissenschaftler des "FLI" (Friedrich-Loeffler-Institut) beschäftigen sich seit dem Jahre 2012 mit einem "Stechmücken-Monitoring". Geklärt werden sollen die Fragen, welche Arten von Mücken in Deutschland wo und wann vorkommen. Gemeinsam mit anderen Kollegen von fünf Forschungsinstitutionen werden dazu an fast 150 Standorten spezielle Fallen für Stechmücken installiert. Auch das (ZALF) "Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V." ist an dem Projekt "Mückenatlas" beteiligt.

Ohne die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wird es aber nicht gelingen. Daher kann und soll sich jeder an der Mückenjagd beteiligen, indem gefangen genommene Stechmücken einfach in die Forschungszentrale eingeschickt werden. Der Fangort kann in eine Sammlerkarte auf der Projekt-Homepage interaktiv eingetragen werden. Das zugehörige Einsendeformular kann ebenfalls von der Internetseite heruntergeladen werden.

https://www.mueckenatlas.de

Zusammenfassung

Zwar gibt es nur sehr wenige Menschen, die Mücken wirklich mögen, dennoch spielen diese Insekten eine bedeutende Rolle im gesamten Ökosystem. Spinnen, Fische, Libellen, Amphibien, Vögel und Fledermäuse sind auf die Mücken und ihre Larven als Proteinspender angewiesen. Überdies tragen die Larven sogar zur Selbstreinigung unserer Gewässer bei.

Da sich Mücken im Wesentlichen von Nektar ernähren, sind sie als Blütenbestäuber oft unentbehrlich. Zum Beispiel werden die Blüten des Kakaobaums nicht durch Bienen, sondern nur von winzigen Mücken bestäubt. Tatsächlich hängt der Ertrag dieses Baums stärker davon ab, ob seine Blüten in ausreichender Weise durch Mücken bestäubt wurden, als vom Sonnenlicht oder der Versorgung mit Wasser. Nichts­des­to­trotz sind Mückenschutz und Mückenabwehr sehr wichtig, denn manchmal hängt unser Leben im wahrsten Sinne des Wortes davon ab.